2009.09.16-24 - Helsinki (FIN) - Opladen (D)
- 16.09.2009 - Tagesstrecke: 109.44 Km
- 17.09.2009 - Tagesstrecke: 115.17 Km
- 18.09.2009 - Tagesstrecke: 130.98 Km
- 19.09.2009 - Tagesstrecke: 103.97 Km
- 20.09.2009 - Tagesstrecke: 140.89 Km
- 21.09.2009 - Tagesstrecke: 111.29 Km
- 22.09.2009 - Tagesstrecke: 98.14 Km
- 23.09.2009 - Tagesstrecke: 0.00 Km
- 24.09.2009 - Tagesstrecke: 14.65 Km
- Total: 10'279.37 Km
Gemütlich schaukelte die Fähre von Helsinki nach Rostock, wo wir nachts um 23:00 Uhr ankommen und ein paar Stunden zu überbrücken haben. Glücklicherweise hat die Wartehalle im Hafen bis 5:00 Uhr geöffnet, so dass wir doch noch zu einem kurzen Nickerchen kommen. Als wir raus müssen, ist es immer noch stockfinstere Nacht und wir ärgern uns über die defekte Birne am Scheinwerfer vorne. Auch das Licht von Sabine, die wir auf der Fähre getroffen haben und die ebenfalls die gut 10km zum Bahnhof fahren sollte, ist nicht in Betrieb. Hoch konzentriert irren wir auf den teils unbeleuchteten Strassen Richtung Stadt. Plötzlich kommt Hektik auf, wir stellen fest, dass es bereits 5:30 Uhr gewesen ist und Pez eigentlich den Zug um 6:20 Uhr nehmen wollte. Bis dann müssen wir den Bahnhof finden, Tickets besorgen und das Gepäck aufteilen, denn hier trennen sich unsere Wege. Pez möchte vor Arbeitsbeginn im Oktober noch ein paar Tage entspannen und sich zu Hause einleben. Ich habe einige Tage mehr Zeit, möchte die 10'000km-Grenze durchfahren und schliesslich wieder bis vor die Haustür radeln, soviel Ehrgeiz muss sein!
Es geht alles Ruck-Zuck und schon stehe ich etwas orientierungslos mit dem Pino alleine vor dem Bahnhof. Es ist immer noch früh morgens, als ich meine Irrfahrt auf der Suche nach einer Internetmöglichkeit durch die Stadt Rostock aufgebe und Richtung Wismar aufbreche. Immerhin hier bekommt man in der Apotheke wieder hochprozentigen Alkohol. Nicht für mich, mir reicht ein mildes Bierchen, aber meine gesammelten Käfer liegen teilweise auf dem Trockenen, was denen überhaupt nich gut bekommt. Im Baltikum war es leider nicht möglich solch ein Wässerchen ohne ärztliches Rezept zu bekommen.
Mein Plan ist es, erst nach Köln runter zu düsen und dann dem Rhein entlang bis in die Schweiz. Es dauert eine ganze Weile, bis ich mich an das Fahren auf dem Pino ohne Storkerin gewöhnt habe. Das Fahrrad lenkt sich anders, vor allem aber ist das Kartenlesen schwierig. Ich muss jedes Mal anhalten und mich auf dem guten Stück Papier erst einmal neu orientieren. Dabei wäre es mit all den Fahrradwegen von grossem Vorteil, wenn man laufend einen guten Überblick hätte. So mache ich halt den einen oder anderen kleineren und grösseren Umweg. Die Leute gucken fast noch komischer, als wenn wir in Normalbesetzung unterwegs sind und kommen auf allerhand gute Ideen, was denn das für eine Konstruktion sei. Nur wenige bemerken, dass es sich um ein Tandem handelt. Am meisten habe ich mich eigentlich auf die Lüneburger Heide gefreut und bin natürlich ziemlich enttäuscht. Die Postkartenlandschaften beschränken sich nur auf Landschaftsfragmente. Eigentlich habe ich mit weiten Ebenen tief violetter Heidekräuter gerechnet und habe mich nahezu nicht gewagt zu fragen, wo denn hier die Heidelandschaft sei. Immerhin werde ich so zur Ellerndorfer Wacholderheide geschickt. Voller Aufregung will ich mich ins Kraut stürzen und vor allem nach der Heideschrecke suchen, die angeblich hier irgendwo vorkommen soll, da gibt's schon wieder Ärger am Drahtesel. Beim Aufstellen auf den Fahrradständer drücke ich immer leicht die Hinterradbremse, damit nicht das gesamte Gewicht mit Schwung in den Ständer kracht. Dabei klackert es eigenartig und ich sehe schon mindestens drei Speichen wie Spiesse wild in alle Himmelsrichtungen zeigen. Die Speichen sind alle dort, wo sie hingehören und es dauert, bis ich entdecke, dass sich die hintere Bremsscheibe verabschiedet hat. Aha, das kann also doch passieren! Es war immer eine meiner grössten Horrorvorstellungen, wenn eine der Bremsscheiben in voller Fahrt bricht. Weniger die Angst vor einem Personenschaden, denn bremsen kann man auch mit einer Bremse ganz ordentlich, wenn es nicht gerade 20% den Berg hinunter geht. Sondern viel mehr, vor dem, was dabei sonst alles rund um die Bremse in Mitleidenschaft gezogen würde. Dieser Teil wurde mir somit glücklicherweise erspart und ich präpariere die Bremse soweit, dass die Fahrt nur mit der vorderen Scheibe weiter gehen kann. Ausser, dass mich das Ganze aufgehalten hat, ist ja nichts passiert. Nur Zeit, um nach der besagten seltenen Schrecke zu suchen, war kaum mehr. Ausserdem wäre diese vermutlich eher auf dem angrenzenden militärischen Sperrgelände zu suchen und wie die Bundeswehr reagiert, wenn da einer durchs Gras kriechend ankommt und behauptet er suche nach Gampsogleis glabra, weiss ich auch nicht!
Endlich erreiche ich den Städtemoloch Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln und was da sonst noch alles an hübschen Städten angesiedelt ist. Schon seit Tagen brüte ich über der Karte, wie man da wohl am einfachsten durch kommt, ohne sich laufend in den Wirren der Wege und Schilder zu verirren. Natürlich kommt alles ganz anders als geplant. Am späteren Nachmittag habe ich mich durch Lünen und Dortmund Richtung Essen gewurstelt und versuche bei Jutta und Finn anzurufen, um anzukündigen, dass ihre Estlandkarte auf gutem Weg sei. Anscheinend muss ich einen etwas orientierungslosen Eindruck gemacht haben, denn eine Stunde später steht Finn da. Wir mussten die Teleskopstange vorne am Pino vollständig ausfahren, dass sich Finn nicht laufend die Knie am Kinn aufschlug, dann aber hatte ich einen ausgezeichneten Lotsen. In Kürze waren wir bei seinen Eltern in Essen und es wurde ein spannender Abend mit vielen Reisegeschichten und technischen Diskussionen übers Pino und Fahrräder. Finn muss natürlich wieder zur Arbeit, da steht auch schon der Ersatzpilot in den Startlöchern. Finns Vater begleitet mich an den Rhein bei Düsseldorf. Unglaublich froh über die ortskundige Begleitung verabschieden wir uns und ich versuche dem Rhein Richtung Leverkusen zu folgen. Auch wenn da theoretisch ein Rheinradweg ausgeschildert ist, schaffe ich es mich beispielsweise auf das Hafengelände zu verfahren. Endlich erreiche ich den Ort Opladen, wo ich mich in der Wohnung von Jutta und Finn einnisten darf. Wie bereits berichtet, haben wir sie in Riga kennen gelernt und versprochen die ausgeliehene Estlandkarte auf der Heimreise vorbei zu bringen. Aus dem 'vorbei bringen' werden schliesslich schöne und sehr erholsame zwei Tage.
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Da die Zeit etwas drängt, fahren wir nicht entlang der Küste nach Tallinn. Somit wird es eine kurze Fahrt, denn die ebene Agrarlandschaft verleitet nicht gerade zum langen Verweilen. Auch sind die Herbstfarben recht bescheiden, denn die Trockenheit lässt das Laub einfach dürr werden.
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2009.09.25-10.02 - Opladen (D) - Zürich (CH)
Ausgeruht und bei bestem Wetter geht es wieder los, auf zu den letzten Kilometern. Doch schon nach den ersten Kurven ist beinahe Feierabend. Ich war zu faul, um das ganze Material einzeln über eine kleine Brücke zu tragen und versuche alles am Stück über die unglaublich steile Rampe hoch zu schieben. Dabei ziehe ich am Sattel und merke nicht, dass ich das hintere Rad hoch hebe.