2009.07.18-22 - Campulung (RO) - Braşov (RO)
- 18.07.2009 - Tagesstrecke: 73.20 Km
- 19.07.2009 - Tagesstrecke: 5.50 Km
- 20.07.2009 - Tagesstrecke: 0.00 Km
- 21.07.2009 - Tagesstrecke: 37.83 Km
- 22.07.2009 - Tagesstrecke: 0.00 Km
- Total: 5'715.31 Km
Nach einem Tag mit viel Schlaf fühlen sich meine Knie immer noch etwas weich an, dafür bleibt aber wenig Zeit, denn es geht direkt in die Karpaten. Nicht wie erhofft über einen schönen Pass, nein, es geht über ein Pässchen nach dem anderen. Immer ein paar hundert Höhenmeter rauf und wieder runter. Dafür bietet uns die Strasse ein Panorama nach dem anderen und jedes schöner als das vorangegangene. Stopp, knips and go! den ganzen Tag lang. Endlich erreichen wir die Abzweigung nach Măgura. Schon nach wenigen Metern müssen wir das Fahren aufgeben, denn die steile Strasse besteht hauptsächlich aus tief ausgeschwemmten Rinnen. Wir schieben, treffen auf eine Gruppe Wanderer, von denen einer deutsch spricht und meint, es seien noch 5km bis Măgura - na, easy! Etwas weiter überholt uns ein top geländetauglicher Rover. Der Fahrer meint, es seien noch ca. 20km von der Sorte Strasse. Ob er uns irgendwie helfen könne? Schlussendlich ist alles Gepäck im Rover verstaut und Pez schwingt sich auf den Beifahrersitz. So ganz ohne, fährt es sich ausgezeichnet durch die Geröllhalde von Strasse und im Nu treffe ich den bepackten Offroader an einer Kreuzung wieder.
Julian und sein Kollege organisieren eine Woche Camp für Kinder aus Bukarest und seien noch am vorbereiten, wir könnten aber einfach das Zelt vor dem Haus aufstellen. Also fahren wir zur idyllisch gelegenen Casa Folea. Das kleine Team ist dauernd was am werkeln, da morgen um die 20 Kinder und Jugendliche anrücken werden und der gesamte Ablauf und die Technik durchgecheckt werden müssen. Es soll gewandert werden, Klettern, Pfeilbogenschiessen, Paintball und vieles mehr stehen auf dem Programm. Abends zeigt uns Julian stolz seinen etwas verwackelten Werbefilm mit allen möglichen Aktivitäten, die er mit seinem Outdoor-Unternehmen anbietet.
Morgens ziehen schwarze Wolken auf und mit ihnen steigt die Nervosität unserer Gastgeber. Als der Regen nachlässt, brechen wir auf. Diesmal haben wir nicht nur mit den tiefen Wassergräben in der Strasse zu kämpfen, sondern nun klebt das sandig, erdige Gemisch wunderbar an den Reifen und den Schuhen. Zum Glück zieht dichter Nebel auf, da sehen wir nicht mehr so genau, was alles vor uns liegt, schieben und rollen einfach munter vor uns hin. Nur einmal müssen wir nach dem Weg fragen, der Name scheint im kleinen Dorf aber wohl bekannt, da stehen wir auch schon vor der Unterkunft von Hermann & Katharina Kurmes in Măgura. Es war eine witzige Geschichte, wie wir zu dieser Adresse gelangten. In Griechenland hat uns ein älteres Ehepaar davon vorgeschwärmt und uns die Adresse gegeben. Etwas später haben wir die Homepage der Familie besucht und per Zufall festgestellt, dass eine Umweltingenieur-Studienkollegin ihre Abschlussarbeit dort geschrieben hat. Nun sind wir also hier und lassen es uns gut gehen, denn wir müssen für einmal nicht selbst kochen.
Es herrscht reger Betrieb vor Ort und die deutschsprachigen Besitzer haben alle Hände voll zu tun, denn sie organisieren verschiedene Aktivitäten für Naturinteressierte. Zudem sind zwei Frauen zu Gast, die zu Recherchen für einen Dokumentarfilm über die Urwälder Europas hier sind, der im Dezember auf Arte ausgestrahlt werden soll. Ihre Nerven liegen blank, denn die rumänische Zuverlässigkeit scheint ihnen einiges abzuverlangen und den gesuchten Urwald haben sie bis dato auch nicht gefunden. Mit x Stunden Verspätung kommt der Ranger zum Treffpunkt, der ihnen die Bären im Nationalpark Piatra Craiului zeigen soll. Durch die Verspätung bietet sich die Möglichkeit mit zu gehen.
Nach holpriger Fahrt über immer schlechtere Strassen, die teilweise mehr einem Bachbett gleichen, stoppt der klapprigen Rover und wir müssen die letzten Meter zum Beobachtungsturm zu Fuss gehen. Plötzlich flüstern die zwei Touristen aus England, die unterwegs zugestiegen sind, sie hätten gerade nur wenige Meter entfernt zwei Bären laufen sehen. Der Ranger wird sichtlich nervös und zückt seinen Revolver. Mit der Waffe in der Hand und mit leichtem Schnalzen geht er auf dem schmalen Trampelpfad voran. Dann sitzen wir für Stunden in einer kleinen Hütte und starren gebannt auf eine Lichtung, auf der die Bären wie im Theater erscheinen sollen. Von Zeit zu Zeit werden in einem Baumstrunk Köder, wie Mais oder Zucker versteckt, damit die Tiere die Stelle kontrollieren kommen. Plötzlich stehen sie da, eine Mutter mit zwei zweijährigen Kleinbären. Das Ganze dauert jedoch nur ein paar Sekunden, denn es scheinen keine Köder da zu sein, so dass die Tiere sogleich wieder das Weite suchen.
Eigentlich wollen wir zur berühmten Burg Bran wandern, die Bram Storkers in seinem Buch 'Dracula' als Vorlage diente. Da wir aber über keine Karte verfügen und der Weg nicht immer sehr eindeutig ausgeschildert ist, laufen wir etwas wirr durch die Landschaft. Das Schloss haben wir nicht gefunden, dafür aber jede Menge spannendes Kriechgetier am Wegrand.
Obwohl man hier tagelang wandern könnte, wollen wir nach zwei Tagen wieder aufbrechen. Da kommt beim Frühstück Katharina, ob wir nicht die Bärenstation besuchen wollten, sie mache nach dem Frühstück eine Führung dort hin. Unser Tagesziel Braşov ist nicht all zu hoch gesteckt, das können wir auch noch am Nachmittag machen. Die Station liegt ausserhalb der Stadt Zărneşti auf einem ehemaligen Militärgelände und wurde von der Tierschützerin ins Leben gerufen. Das Gelände umfasst verschiedene Gehege, in denen Bären aus Gefangenschaft einigermassen angemessen untergebracht sind. Es sind Tiere mit erheblichen Verhaltensstörungen oder körperlichen Behinderungen, die ihnen während der Gefangenschaft zugeführt wurden. Wie der Tanzbär Max, dessen Seh- und Geruchssinn mit einer Säure ausgeschaltet wurden, was ihn als touristische Attraktion gefügig machte. Es sind inzwischen über 50 Bären aller Altersstufen, die sich in der Station aufhalten und es werden immer mehr. Auf dem Gelände befindet sich ebenfalls eine eigene veterinärmedizinische Station, wo die Neuankömmlinge behandelt und in Quarantäne beobachtet werden, bevor sie in die grossen Gehege entlassen werden. Nach Schätzungen befinden sich immer noch ca. 30 Bären bei Privaten, vor allem Restaurants, in Gefangenschaft, wo sie auf engstem Raum dahinvegetieren.
Mittags brechen wir von Măgura Richtung Braşov auf. Wie so viele Ortschaften in Siebenbürgen verfügt Braşov mit Kronstadt auch über einen deutschen Namen. Wir werden von der zackigen Silvia in der Jugendherberge Rolling Stone einquartiert und erhalten den obligatorische Crash-Kurs über Braşov und was die Herberge alles zu bieten habe. Im Laufe des Abends füllt sich die verwinkelte Unterkunft nach und nach, kein Wunder, sie steht im LonelyPlanet. Auch wenn alle Betten belegt sind, lässt sich immer irgendwo ein Plätzchen freiräumen.
Kaum haben wir uns des Gepäcks entledigt, machen wir uns auf in die schmucke Stadt, die ca. 1235 von einem deutschen Ritterorden gegründet wurde. Zu sehen gibt es vieles. Wo immer man im Zentrum hinläuft finden wir interessante und schöne Häuser. Aus dem Häusermeer ragt die Schwarze Kirche als Wahrzeichen der Stadt auffallend über die Dächer hinaus. Es ist weniger die Architektur, die dem Bauwerk die Bedeutung zukommen lässt, als viel mehr das Historische. An ihrer Stelle entstanden die ersten Siedlungen Braşovs und der Name Schwarze Kirche rührt von einem verheerenden Stadtrand 1689, der sogar die Kirchenglocken schmelzen liess.
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Nach dem sintflutartigen Regen der letzten Tage meldet sich die Sonne zurück als wäre nichts gewesen. Nur die Strassen weisen erhebliche Schlammspuren auf. Oryakhovo wirkt so überhaupt nicht als wichtiger Grenzort und wir fürchten schon wieder vor verschlossener Grenze zu stehen. Am Hafen zeigt sich aber im Inneren der tot geglaubten Gebäude doch ein wenig Leben.
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2009.07.23-26 - Braşov (RO) - Vatra Dornei (RO)
Von Braşov nordwärts gilt es erst wieder eine Ebene zu durchqueren, bevor wir wieder zurück in die Karpatenhügel kommen. Wir sind hier definitiv im Land der Klöster und Kirchen angekommen. Beinahe jedes Dorf, sei es auch noch so klein, verfügt über mindestens eine riesen Kirche, in der wohl die gesamte Gemeinde mehrfach platz findet. Und noch was macht und stutzig.